Faszination Herz

Dr. med. Dionys Daller referierte über Kardiologie

Dr. Dionys DallerOberalteich. (el) Das Herz als „Innerstes“ des Menschen übt auf die Menschheit seit jeher große Faszination aus und hat bis in die Zeit der modernen High-Tech-Medizin nichts davon eingebüßt. Dies wurde deutlich am Mittwochabend im Kulturforum Oberalteich: Chefarzt Dr. med. Dionys Daller von der Klinik Bogen referierte über die Geschichte der Kardiologie.

„Schon die Babylonier beschrieben um 600 vor Christus das Aussetzen des Herzschlags“, blickte der Referent zurück. Die wissenschaftlichen Methoden des Beobachtens fanden auch Anwendung in der griechischen Antike. Die daraus abgeleiteten Theorien seien erstaunlich fortschrittlich und schon teils „recht nahe dran an heutigen Erkenntnissen“, stellte Dr. Daller fest.

Die wissenschaftliche Erforschung des Herzens wich zunehmend einer Phase der Mystifizierung und Tabuisierung – begünstigt von den Religionen, die den „Sitz der Seele“ als „unberührbar“ propagierten und das Herz dem wissenschaftlichen Erfahrungshorizont entzogen. Das Vakuum füllten „der Glaube und eben auch der Aberglaube“, schilderte der Referent.

Wiederbelebt wurde die wissenschaftliche Erforschung erst wieder in der Renaissance im 16. Jahrhundert. Mit den Methoden der sogenannten „Vivisektion“, also dem Sezieren bei lebendigem Leib, stillten Wissenschaftler ihre Neugier und gewannen zentrale Erkenntnisse über den Kreislauf.

Als „Geburtsstunde der Kardiologie“ bezeichnete Dr. Daller die Zeit von William Harvey (1628) und Marcello Malpighi. „Erst 1896 brach der Frankfurter Louis Rehn das Tabu, das Herz sei unberührbar“, berichtete Daller. Rehn öffnete den Brustkorb und übernähte eine Stichwunde am Herzen eines Gärtnergesellen, der den Eingriff überlebte. „Man muss wissen, dass derartige Verletzungen in dieser Zeit als absolut tödlich galten“, fügte der Kardiologe hinzu.

Damit sei laut Dr. Daller der Weg geebnet worden für die Entwicklung neuer Techniken, die bis heute Bestand haben und immer weiter verfeinert werden.

Erstmals führte 1929 Werner Forßmann im Selbstversuch über eine Vene einen Schlauch ein bis zum rechten Vorhof. Es folgte 1977 die erste Ballondehnung und 1986 der erste Stent. Ake Senning implantierte 1958 erstmals einem Patienten ein kompaktes Gerät, bestehend aus einem in einer leeren Schuhcremedose gegossenen Prototypen mit einfachen Bauteilen.

Weiterentwickelt wurden die implantierbaren Schrittmacher und auch Defibrillatoren bis hin zu den heutigen High-Tech-Implantaten. „Speziellere Entwicklungen fanden in ‚meiner Zeit’ statt“, blickte Dr. Daller zurück, was ihm auch ein Thema für seine Doktorarbeit bescherte.

Abschließend reflektierte der Chefarzt am Bogener Klinikum, was die Neuentwicklungen der vergangenen 50 Jahre konkret gebracht haben.


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